Wiener Zeitung's Thirteen Tales From Urban Bohemia review (German)

Wiener Zeitung
Thirteen Tales From Urban Bohemia
by Von Heimo Mürzl
November 3, 2000


Als die Dandy Warhols vor mittlerweile fast drei Jahren mit "Come Down" ein rundum beeindruckendes Album ablieferten und von Kritik und Publikum euphorisch gefeiert wurden, sprachen nicht wenige von einer schlechtweg bezwingenden Kombination von Velvet Underground und T. Rex. Das kürzlich erschienene Nachfolge-Album "Thirteen Tales From Urban Bohemia" stößt erstaunlicherweise auf viel weniger Gegenliebe. Völlig zu Unrecht: Das ist von Moden und Trends unabhängiger, krisensicherer Rock und Pop, der alles bietet was Populärmusik so bieten sollte: Große Gefühle, atmosphärische Klänge, akustische und elektrische Gitarren, ein charismatischer Sänger und überzeugende Songs mit viel Pop-Appeal. Die CD bietet einen interessant-schicken Blick auf die städtische Boheme, gesehen von den Dandy Warhols. Ohne Zweifel durch kleine runde rosa gefärbte Nickelbrillen, wie sie Ex-Beatle George Harrison einst trug. Wohl auch deshalb beginnt das aktuelle Album des Quartetts aus Portland/USA (Peter Holmström, Brent DeBoer, Zia McCabe und Sänger Courtney Hole) mit dem Intro von "My Sweet Lord". Der eigentliche musikalische wie atmosphärische Mittelpunkt des künstlerischen Denkens und Schaffens der Dandy Warhols ist rund um das (musikalische) Erbe von Velvet Underground angesiedelt. "Dunkle" akustische Gitarren, die Nonchalance von Lou Reed in der Stimme, unverschämt eingängige Melodien mit teils provokanten Texten. "Thirteen Tales" überzeugt zudem mit stimmigen Anklängen an englische Indie-Bands wie Kula Shaker und Ride - Indien trifft Amerika, Country den Urban Blues und alles zusammen ergibt ein ebenso eigenwilliges wie faszinierendes psychedelisches Kaleidoskop. In "Horse Pills" wird aufgedreht wie bei den Pixies zu deren lautesten Zeiten. "Country Leaver" und "The Gospel" führen im Gegensatz dazu zurück zu den Wurzeln der Populärmusik. Beim Titel "Sleep" gleitet der Hörer getragen von gefühlvollem Akustikgitarrenspiel in eine Traumwelt, die in Breitwand bei Sonnenaufgang in der Wüste beginnt und unter dem Sternenhimmel des Pazifiks endet. Songs wie "Solid", "Get Off" oder "Cool Scene" sind entwaffnend eingängig, ohne aus dem stimmigen Ganzen besonders herauszuragen. "Thirteen Tales From Urban Bohemia" ist so etwas wie ein moderner Pop/Rock-Klassiker, eine Silberscheibe, die golden zu glänzen vermag.